Große Resonanz bei der Informationsveranstaltung „Wie heizen wir morgen? Energiequellen für ein Wärmenetz: Tiefe Geothermie? Meerwasserwärme?“

Ausgesprochen große Resonanz fand die Informationsveranstaltung am 31. Oktober, zu der die Initiative Klimaschutz Laboe und das Aktionsforum für Nachhaltigkeit Heikendorf in die Mensa der OGTS eingeladen hatten: Mehr als 250 Besucherinnen und Besucher waren dabei, als Wissenschaftler, Planer, Praktiker und “Pioniere“ jeweils aus ihrer Sicht über Möglichkeiten und Grenzen von Tiefer Geothermie, Großwärmepumpen und Wärmenetzen informierten und erkennen ließen, dass wir hinsichtlich der Nutzung alternativer Energiequellen vor einer Zeitenwende stehen. Jutta Briel vom Aktionsforum für Nachhaltigkeit aus Heikendorf moderierte die Veranstaltung mit Sachkenntnis und großem Engagement.

Alle Kommunen im Amt Schrevenborn und auch Laboe haben bereits eine kommunale Wärmeplanung beschlossen. Bürgermeister Peetz aus Heikendorf und Bürgermeister Voß aus Laboe informierten über den aktuellen Stand, warnten aber vor zu hohen Erwartungen. Der Förderbescheid für Laboe werde frühestens nach neun Monaten vorliegen, die Landesmittel von 30.000 € + 0,45 €/ Einwohner für Heikendorf werden nicht für die Wärmeplanung ausreichen. Zudem werde es nicht einfach sein, ein Planungsbüro zu finden. Es gelte, die notwendige Wärmewende auch wirtschaftlich und sozial zu gestalten. Dafür sei es laut Voß auch sinnvoll, über die Gemeindegrenzen hinaus zu sehen. Am Ende wird es sehr auf die Mitwirkung der BürgerInnen selbst ankommen, so Peetz.
Von Dipl. Geophysiker Dr. Kirsch* erfuhren die Zuhörerinnen und Zuhörer, dass die geologischen Bedingungen für Nutzung der Tiefen Geothermie sowohl in Laboe als auch in Heikendorf voraussichtlich gegeben sind. „Wir können davon ausgehen, dass wir im Raum Laboe – Heikendorf gute Bedingungen für den Einsatz von Tiefengeothermie (bis 2500 m) haben“, so sein Fazit. Für die Umsetzung würden weitere seismische Untersuchungen und mindestens zwei Bohrungen benötigt. Dabei könne 5 – 10 MW Wärmeleistung herauskommen, die zur Versorgung von 1000 – 2000 Wohnungen ausreiche. Allerdings gelte dabei „vor der Hacke ist es duster“, in wenigen Fällen könne daher die Bohrung auch erfolglos bleiben. Dieses Fündigkeitsrisiko bedürfe der frühzeitigen Absicherung.
Der Bürgermeister a.D. von Unterhachingen, Dr. Erwin Knapek, trug sein erfolgreiches Pilotprojekt mit viel Begeisterung vor. Beeindruckt hörten nicht nur die anwesenden Bürgerinnen und Bürger aus Laboe und Heikendorf, sondern auch die beiden Bürgermeister Voß und Peetz, dass in Unterhaching auf Eigeninitiative die Wärmeplanung bereits 1996 gebäudescharf aufgestellt wurde. Mit intensiver Bürgerbeteiligung wurden auf deren Grundlage umfangreiche Treibhausgaseinsparungen vorangetrieben. 2001 kam der Beschluss zum Geothermie-Projekt, das in den folgenden Jahren gegen starke Widerstände vorangetrieben wurde. Seit 2007 liefert das erste bayrische Geothermie-Kraftwerk Fernwärme und spart jährlich 30.000 t CO2 ein. Seine nachdrückliche Empfehlung: die Gemeinden sollten sich möglichst früh um eine Aufsuchungserlaubnis bemühen, bevor es tüchtige andere Investoren tun.
Zur Frage der Wirtschaftlichkeit von Tiefengeothermie-Vorhaben sprach der Ökonom Dr. Jörg Böttcher von der Investitionsbank SH. Auch er ist überzeugt: „Geothermie wird – im Zusammenspiel mit der Wärmepumpe – der zentrale Pfeiler der Wärmeversorgung in Deutschland sein.“ Er machte klar, dass die Tiefe Geothermie eine unschlagbar effiziente und versorgungssichere Wärmequelle ist und wie am Beispiel Schwerins zu sehen, mit Gestehungskosten von 2,5 ct/kWh auch ökonomisch interessant ist. Die Investitionsbank arbeitet mit an einer Lösung zur Absicherung des Fündigkeitsrisikos.
Auch das Fördewasser kann mit einer Meerwasser-Wärmepumpe für die Heizung genutzt werden. Der Werkleiter der Stadtwerke aus Neustadt/Holstein, Dr. Mark Jahn, stellte Deutschlands erstes projektiertes Kraftwerk dieser Art vor. Sein Unternehmen (87 MitarbeiterInnen) plane seit 2014 die klimaneutrale Wärmeversorgung für die Modernisierung des Hafenviertels. Durch die Entnahme von Meerwasser aus dem Hafenbecken wird durch eine extra angefertigte Großwärmepumpe 70°C warmes Wasser für ein Wärmenetz produziert. In der ersten Ausbaustufe soll 700 kW Wärmeleistung erreicht werden, die Inbetriebnahme ist für das 1. Quartal 2024 geplant. Jahn erklärte, dass man als Pionier einen langen Atem benötige, aber alle Nachahmer hätten es viel leichter, da sie von dem Pilotprojekt lernen könnten.
Mit der neuen Technologie beschäftigt sich auch die FH Westküste in Heide. Prof. Oliver Opel berichtete über die dortigen wissenschaftlichen Untersuchungen zum Einsatz von Großwärmepumpen für die Gebäudeheizung, die die Umsetzung solcher Projekte künftig erleichtern werden. Er vermittelte auch einen ersten Eindruck über die Funktionsweise, die Dimension und die Kosten von Großwärmepumpen, die es heute auch schon fertig zu kaufen gebe.
Mit einem Wärmenetz wird man z.B. ausgesiedelte Bauernhöfe zwar erreichen können, wirtschaftlich wäre das bei Kosten von ca. 2.000 € pro Meter Rohr-Trasse jedoch nicht. Der Experte Dipl. Ing. Roger Mayer konnte nachvollziehbar aufzeigen, in welchen Ortsteilen in den beiden Dörfern ein Wärmenetz wirtschaftlich denkbar wäre. Nämlich überall dort, wo möglichst große Wärmeverbraucher konzentriert dicht zusammenliegen. Er ermutigte die Entscheidungsträger, keine Zeit zu verlieren, sondern „einfach zu machen“. Mit dem Aufbau eines Wärmenetzes könne man bereits beginnen, ohne dass eine Erneuerbare Energiequelle bereits erschlossen ist. Voraussetzung sei, dass sich viele an das Netz anschließen.
Welche Erkenntnisse konnten die Organisatoren und die Zuhörerinnen und Zuhörer nach der mehr als dreistündigen Veranstaltung mit nach Hause nehmen?
• Das Thema Wärmewende ist brandaktuell, die große Beteiligung zeigt es.
• Große Vorhaben einer Kommune lassen sich nur voran bringen, wenn die Bürgerinnen und Bürger einbezogen werden.
• Es bestehen realistische Möglichkeiten für klimaneutrale Wärmenetze in unseren Gemeinden. Die Voraussetzungen und Risiken müssen jetzt mit Tatkraft und Expertise Schritt für Schritt geklärt werden.

Es soll an dieser Stelle die sehr gute Zusammenarbeit der Initiative Klimaschutz Laboe und dem Aktionsforum für Nachhaltigkeit herausgestellt werden, ohne die eine Organisation und Durchführung einer derartig großen Veranstaltung nicht möglich gewesen wäre. Der Dank gilt allen Helfern, die mit großem Engagement und Zeitaufwand plakatierten, Einladungen austrugen, auf der Straße Informationen verteilten und die Veranstaltung technisch und helfend unterstützten.

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